ADHS im Erwachsenenalter: Ursache und Diagnose

Teil 1: Symptome

Die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung lässt sich nicht auf eine einzige Ursache zurückführen. Vielmehr handelt es sich um ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, die letztendlich zur Entstehung der Erkrankung beitragen. Es tragen genetische, neurologische wie auch umweltbedingte Faktoren zur Entstehung einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung bei. 

Genetische Einflüsse
Bei der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung lässt sich eine familiäre Häufung beobachten. Wenn ein Familienmitglied an der Störung erkrankt, ist das Risiko der anderen Familienmitglieder, ebenfalls an der Störung zu leiden oder zu erkranken, um das drei- bis fünffache erhöht. Zwillingsstudien konnten zeigen, dass bei eineiigen Zwillingen 80% die gleiche Symptomatik aufweisen, bei zweieiigen Zwillingen knapp 30%. Zudem lassen sich in molekulargenetischen Studien Abschnitte auf der DNA identifizieren, die bei Betroffenen eine typische Veränderung aufweisen. Der betroffene Abschnitt auf dem Erbgut regelt die Bildung und Übertragung des Botenstoffes Dopamin. Diese Veränderungen alleine können jedoch nur zu einem kleinen Teil die Entstehung einer ADHS erklären. Dies deutet darauf hin, dass die Entstehung einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung besonders durch die Interaktion verschiedener Einflüsse zustande kommt.

Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen
Die Umstände während der Schwangerschaft und Geburt können die Entstehung einer ADHS begünstigen. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft Nikotin, Alkohol oder andere Drogen konsumiert, steigt die Wahrscheinlichkeit des Kindes, an einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung zu erkranken. Des Weiteren stellt ein Sauerstoffmangel bei der Geburt ebenfalls einen Risikofaktor dar. Zuletzt könnten zentralnervöse Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft, Schädelhirntraumata oder Komplikationen bei der Geburt mit der Entstehung einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung in Verbindung stehen.

Umwelteinflüsse
Die Entstehung und der Verlauf einer ADHS wird durch familiäre oder schulische Faktoren begünstigt. Es handelt sich dabei nicht um ursächliche Faktoren, sondern sie beeinflussen vor allem die Stärke und den Verlauf der Störung. Risikofaktoren innerhalb der Familie sind psychische Erkrankungen der Eltern, familiäre Streitereien, unvollständige Familien, inkonsequente Erziehung, häufige Kritik sowie Bestrafungen oder finanzielle Probleme. 

Neurologische Faktoren
Durch bildgebende Verfahren ist es möglich, die Gehirnstrukturen und -funktionen von Menschen mit einer ADHS mit denen von gesunden Personen zu vergleichen. Dabei lassen sich bei Betroffenen einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung Veränderungen in den Gehirnregionen, die für die Verhaltenssteuerung und Aufmerksamkeit verantwortlich sind, feststellen. Des Weiteren ist das Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn bei Betroffenen gestört. Besonders davon betroffen sind die Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin. Hier setzen ADHS-spezifische Medikamente an und können so eine Verbesserung in der Selbststeuerung und Aufmerksamkeit erwirken.

Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung
Um die Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung zu stellen, müssen all diese verschiedenen Faktoren berücksichtigt werden. Häufig erfolgt die Diagnose bereits im Kindes- oder Jugendalter, da die Schwierigkeiten in der Schule besonders häufig auffallen. Selten wird die Diagnose aber erst im Erwachsenenalter gestellt. Ein wichtiges Diagnosekriterium ist dabei, dass die störungsspezifischen Symptome bereits vor dem 7. Lebensjahr erstmals aufgetreten sind.
Die Diagnostik im Erwachsenenalter umfasst ein ausführliches Gespräch mit der betroffenen Person sowie unterschiedliche Fragebögen. Im Gespräch, auch Anamnese oder Exploration genannt, werden die Probleme, Belastungen und Symptome genau besprochen. Besonders hilfreich ist es, wenn ein Partner, Familienmitglied oder Bekannter ebenfalls dabei ist und die Sicht vom Umfeld berichten kann. Anschliessend werden Fragebögen eingesetzt, die durch die betroffene Person und, nach Absprache, deren Partner, Bekannten und Mitarbeiter ausgefüllt werden. Die Verhaltensbeobachtung ist bei Erwachsenen erschwert, da sich die Hyperaktivität nach innen kehrt und vermehrt als innere Unruhe erlebt wird. Anzeichen für eine Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung könnten das Trommeln mit den Fingern, Wippen auf dem Sitz oder Herumnesteln sein. Zuletzt kann eine körperliche Untersuchung sinnvoll sein, um körperliche Ursachen für die Symptomatik auszuschliessen. Bildgebende Verfahren können nicht als Diagnosegrundlage herangezogen werden, können aber wertvolle Hinweise auf Besonderheiten der Gehirnstruktur geben.

Teil 3: Behandlung
Teil 4: Geschichte einer Patientin