Antidepressiva: Behandlung

Der dritte Beitrag erklärt, wie die Therapie mit Antidepressiva abläuft 

Welches Antidepressivum und welche Dosis?

Gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt entscheiden sich die Betroffenen für ein geeignetes Antidepressivum. Häufig werden dabei selektive Wiederaufnahme-Hemmer gewählt, da sie gut wirken und aufgrund der Selektivität wenig Nebenwirkungen verursachen. Oft wird mit einer geringen Dosis begonnen und diese dann langsam gesteigert. Nach der Devise «so wenig wie möglich und so viel wie nötig» wird eine individuelle Dosierung angestrebt, bei der das Medikament zuverlässig wirkt, ohne unnötig hoch dosiert zu sein.

 

Wie lange dauert es, bis ein Antidepressivum wirkt?

Es ist wichtig zu wissen, dass allfällige Nebenwirkungen bereits in den ersten Stunden und Tagen der Einnahme auftreten können, während die positive Wirkung der Antidepressiva teilweise erst im Laufe von einigen Wochen einsetzt. Daher gilt es, dem Körper und dem Medikament ausreichend Zeit zu lassen und das Medikament nicht vorschnell oder selbstständig wieder zu stoppen. Anfängliche Nebenwirkungen lassen in vielen Fällen schnell wieder nach. Betroffene bemerken oft bereits in der Anfangsphase die stimulierende Wirkung und fühlen sich möglicherweise impulsiver, erst später wird die depressionslösende, stimmungsaufhellende Wirkung spürbar. In der Anfangsphase kann es deshalb durch die Impulsivität vorübergehend zu verstärkten Suizidgedanken und Handlungen kommen, worauf sowohl Betroffene, Angehörige als auch Ärzte besonders aufmerksam achten und sich mitteilen sollten. 50-80% der Betroffenen bemerken unter Antidepressiva langfristig eine Besserung ihrer Beschwerden. Bleibt die Wirkung aus, wird in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin die Dosis gesteigert oder auf ein Präparat mit anderem Wirkmechanismus umgestellt.

 

Was sind Nebenwirkungen?

Während manche Leute überhaupt keine Nebenwirkungen spüren, sind andere stärker davon betroffen. Wichtig ist festzuhalten, dass die Nebenwirkungen zwar bei Therapiebeginn auftreten, aber oftmals vorübergehend sind und sich ohne Dosisanpassung selbst zurückbilden können. Mögliche Nebenwirkungen sind Gewichtszunahme, sexuelle Funktionsstörungen, Mundtrockenheit, Harnverhalt, Verdauungsbeschwerden sowie Übelkeit. Da Trizyklische Antidepressiva nicht selektiv wirken und somit unterschiedlichste Transporter und Rezeptoren im Körper beeinflussen, sind sie für häufigere Nebenwirkungen bekannt. Sie werden deshalb meist als Therapie zweiter Wahl verschrieben. Da insbesondere Trizyklische Antidepressiva in seltenen Fällen Herzrhythmusstörungen verursachen können, werden sie bei vorbestehenden Herzerkrankungen gewöhnlich nicht verschrieben. Auch bei Demenz sind sie ungeeignet.

Anstelle eines klassischen Antidepressivums nehmen einige Betroffene als pflanzliche Alternative Johanniskraut-Extrakt ein. Zwar wirkt Johanniskraut erwiesenermassen leicht antidepressiv,  allerdings ist bei der Einnahme Vorsicht geboten. Johanniskraut verstärkt im Körper ein Enzym, das für den Abbau vieler anderer Medikamente verantwortlich ist (Antibabypille, Immunsuppressiva nach Organtransplantation etc). Das Enzym kann den Spiegel dieser Medikamente und somit deren Wirkung gefährlich tief senken. Zudem führt Johanniskraut zu einer vermehrten Empfindlichkeit gegenüber UV-Strahlung, weshalb auf eine entsprechend starke Sonnencreme geachtet werden sollte.

 

Womit können Antidepressiva wechselwirken?

Da Antidepressiva mit vielen anderen Medikamenten wechselwirken können, ist es wichtig die Verträglichkeit aller vorbestehenden oder neu dazukommenden Medikamente mit dem Arzt oder der Ärztin zu besprechen. Bei der Kombination mit Bluthochdruck-Medikamenten oder Alkohol ist Vorsicht geboten. Ebenso bei der Kombination gewisser Antidepressivaklassen untereinander, da sie eine Überstimulation durch Serotonin auslösen können. Auch bei einem Rauchstopp kann es sinnvoll sein, mit der ärztlichen Betreuungsperson Rücksprache zu nehmen. 

 

Machen Antidepressiva abhängig?

Abhängigkeit ist ein Zustand, in dem man einen starken Drang verspürt, eine Substanz zu konsumieren und immer mehr von der Substanz einnehmen muss, um im Körper dieselbe Wirkung zu erzeugen. Dies ist bei Antidepressiva nicht der Fall. Antidepressiva machen nicht abhängig. Das Missverständnis entsteht daraus, dass beim Absetzen von Antidepressiva sogenannte Absetzeffekte auftreten können. Da Antidepressiva durch die Verstärkung der Neurotransmitter in den Stoffwechsel eingreifen, braucht der Körper auch hier wieder Zeit, um beim Absetzen in ein neues Stoffwechselgleichgewicht zu finden. Zudem ist es möglich, dass die ursprünglichen depressiven Beschwerden wieder auftreten, wenn das Medikament zu früh abgesetzt wird. Ein Absetzen der Antidepressiva sollte deshalb gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt gut geplant und mit langsamer Dosissenkung umgesetzt werden. Oft werden Antidepressiva noch über einen längeren Zeitraum eingenommen, auch wenn die Beschwerden bereits verschwunden sind, um so einem Rückfall vorzubeugen.

Teil 1: Einführung
Teil 2: Wirkmechanismus