Frühe Psychosen im Kindes- und Jugendalter: Therapie

In den vorherigen Kapiteln des Blogs zu den frühen Psychosen wurden auf die Definition, die Symptomatik und Diagnostik eingegangen. Nun widmet sich dieses Kapitel der Therapie einer schizophrenen Psychose im Kindes- und Jugendalter.

Eine Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis ist eine schwerwiegende Erkrankung. Hiervon sind die Patientinnen und Patienten selbst, deren Angehörige und das Umfeld in starkem Ausmass betroffen. Das Ziel ist eine frühe Therapie, da nachgewiesenermassen die Prognose der Schizophrenie bei frühem Erkennen und adäquater Behandlung besser ausfällt. Die Therapie einer Schizophrenie findet bei 80% aller Erkrankten lebenslang statt, weswegen das Einlassen auf eine Behandlung für die Prognose bedeutsam ist. In der Schizophreniebehandlung sind mehrere Behandlungsverfahren von Bedeutung. Zum einen ist die medikamentöse Therapie wichtig, zum anderen spielen psychosoziale Behandlungsverfahren unter Einbezug der Eltern und psychotherapeutische Verfahren eine Rolle. Alle Behandlungsverfahren ergänzen sich und sind bei einer Schizophrenie unerlässlich.

Medikamentöse Behandlung

Bei einer akuten Schizophrenie sind sogenannte atypische Antipsychotika die Therapie erster Wahl. Sie wirken u.a. auf das Dopaminsystem, blockieren dabei Dopaminrezeptoren im Gehirn, wirken so beruhigend und mildern Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Solche Medikamente wirken vor allem auf die Positivsymptome einer Schizophrenie. Einige Antipsychotika blockieren ausserdem auch Serotoninrezeptoren. Der Vorteil atypischer Antipsychotika ist die bessere Verträglichkeit und die bessere Wirkung auf die Negativsymptome. Die antipsychotische Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die an einer Schizophrenie erkranken, entspricht im Wesentlichen der Vorgehensweise bei der Behandlung der Schizophrenie bei Erwachsenen. Für die Altersgruppe der Menschen < 18 Jahre (und insbesondere < 13 Jahre) wurden im Vergleich zu der Altersgruppe ≥ 18 Jahre jedoch deutlich weniger randomisierte klinische Studien durchgeführt, so dass in der klinischen Praxis häufig aus den Befunden der Studien bei Patienten ≥ 18 Jahren abgeleitet werden muss. Entsprechend stehen für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen nur wenige zugelassene Medikamente zur Verfügung. Die Dosisfindung, Behandlungsfrequenz und Behandlungsdauer entsprechen grundsätzlich dem Vorgehen bei Erwachsenen.

Kinder und Jugendliche haben im Vergleich zu Erwachsenen ein höheres Risiko für Nebenwirkungen. Zu diesen Nebenwirkungen gehören insbesondere Nebenwirkungen, die das motorische System betreffen und Bewegungsabläufe beeinträchtigen können. Weitere Nebenwirkungen betreffen u.a. eine Gewichtszunahme, Änderungen im Fettstoffwechsel, eine Sedierung (erhöhte Ermüdbarkeit) und eine vermehrte Ausschüttung des Hormons Prolaktin. Prolaktin steuert beim Menschen wichtige sexuelle Funktionen, wie den Menstruationszyklus oder den Milchfluss bei der Frau.

Psychoedukation und psychotherapeutische Behandlung:

Die medikamentöse Therapie stellt gerade in der akuten Phase einen Grundpfeiler der Therapie einer Schizophrenie dar. Im Verlauf einer Schizophrenie ist aber auch die psychotherapeutische Behandlung essentiell. Hierbei stellt zu Beginn die Psychoedukation einen wichtigen Grundbaustein dar. Unter Psychoedukation versteht man den Grundsatz, dass der Patient / die Patientin und deren Angehörige über die Krankheit aufgeklärt werden und somit das Krankheitsverständnis und der selbstständige Umgang mit der Krankheitsbewältigung gefördert werden. Die Eltern müssen in die psychotherapeutische Behandlung einbezogen werden. Neben ausführlicher Psychoedukation hat sich in der Behandlung der schizophrenen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen auch eine Kombination mit verhaltenstherapeutischen Elementen bewährt. Dies kann in Einzelinterventionen, Gruppenbehandlungen oder im Rahmen einer Familienberatung geschehen. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass der Patient / die Patientin selbst, aber auch das Umfeld erste Anzeichen eines Rückfalls erkennen können. Dies könnten zum Beispiel soziale Isolation, Affektveränderungen oder Veränderung im Denken sein.

Schulische und berufliche Qualifizierung:

Lehrerinnen und Lehrern kommt die wichtige Aufgabe zu, Krankheitszeichen frühzeitig zu erkennen und ihre Beobachtungen den Eltern mitzuteilen. Die schulischen Anforderungen müssen gegebenenfalls angepasst bzw. reduziert werden. Ein Schulwechsel sollte möglichst vermieden werden, ist aber bei starkem Leistungsabfall ggf. notwendig. Die sozialen, schulischen bzw. beruflichen Aktivitäten sollen regelmässig beobachtet und in den Gesamtbehandlungsplan integriert werden. Wenn die Schule oder eine Ausbildung nicht mehr möglich sind, sollte eine Vermittlung zwischen den Betroffenen und den verantwortlichen Personen in der Schule oder Ausbildung angeboten werden. Dabei soll sichergestellt werden, dass soweit möglich die schulische/berufliche Ausbildung fortgeführt werden kann und dafür ggf. entsprechende komplementäre Unterstützung zur Verfügung gestellt wird. Unterstützende Programme zur Wiedereingliederung oder dem Auffinden einer Ausbildungs-/Arbeitsstelle sollen den betroffenen Personen angeboten werden.

Prognose:

Ungefähr 20% der Patientinnen/Patienten kommen in eine Remission ohne späteres Rezidiv.  Bei etwa zwei Dritteln der Betroffenen kann es zu einem episodischen Verlauf kommen, bei dem in den folgenden Jahren erneute psychotische Episoden auftreten. 5-10% der Betroffenen haben chronische Verläufe ohne abgrenzbare einzelne Krankheitsepisoden. Gerade bei Kindern und Jugendlichen ist aufgrund des oftmals längeren unbehandelten Zustandes von einer ungünstigeren Prognose auszugehen. In Langzeitstudien konnte gezeigt werden, dass bei Krankheitsbeginn im Kindes- oder Jugendalter nur ca. ein Fünftel der Patientinnen/Patienten selbständig lebten. 

Teil 1: Symptome

Teil 2: Diagnostik

Teil 4: Geschichte einer Patientin