Interventionelle Verfahren: Wirkmechanismus

Teil 1: Einführung in die interventionellen Methoden

Wie bereits in Teil 1 beschrieben, kommen interventionelle Verfahren alternativ zu den üblichen pharmakologischen und psychotherapeutischen Ansätzen zum Einsatz. Heute gehen wir der Frage nach, wie sie in der Psychiatrie zur Behandlung von psychischen Störungen angewendet werden können.

Zu Beginn lohnt es sich, die möglichen Ursachen und Entstehungsprozesse von psychischen Störungen etwas genauer zu betrachten. Das aktuelle Verständnis von psychischen Störungen in der Psychiatrie und Psychotherapie kann als ganzheitlich und integrativ bezeichnet werden. Das bedeutet, es wird angenommen, dass verschiedene Aspekte und Wirkfaktoren eine wichtige Rolle sowohl bei der Entstehung als auch bei der Aufrechterhaltung einer psychischen Störung einnehmen. Ein in diesem Zusammenhang zentrales Grundmodell für die Psychiatrie ist das biopsychosoziale Modell. Dieses postuliert, dass menschliches Verhalten und das Auftreten von psychischen Störungen durch eine komplexe Wechselwirkungsbeziehung zwischen biologischen, psychologischen und sozialen Aspekten erklärt werden können. Biologische Aspekte sind beispielsweise genetische Grundlagen psychischer Erkrankungen. Unter psychologischen Aspekten werden Bewältigungsmechanismen und dysfunktionale Gedanken zusammengefasst. Soziale Aspekte dieses Modells umfassen beispielsweise die Familie, das soziale Netzwerk oder auch die Bildung einer Person.

Dem Gehirn kommt bei psychischen Erkrankungen naturgemäss eine zentrale Rolle zu. Die Kommunikation innerhalb des Gehirns basiert auf feinen elektrischen Impulsen in den Nervenzellen des Gehirns, den so genannten Neuronen. Sie leiten den elektrischen Strom und somit den Erregungszustand im Gehirn weiter. Um die elektrischen Signale von einer Nervenzelle zur anderen übertragen zu können, bewirken sie in der Schnittstelle zwischen den Nervenzellen die Ausschüttung von chemischen Botenstoffen. Diese Botenstoffe werden auch als Neurotransmitter bezeichnet. Häufige Neurotransmitter sind Dopamin, Serotonin und Noradrenalin. Es wird angenommen  – und durch verschiedene Studien gestützt –, dass bei Personen mit einer psychischen Störung wie zum Beispiel einer Depression die Funktion von Teilen und Regelkreisen des Gehirns bildlich gesprochen nicht mehr vollständig im Gleichgewicht ist. Und genau hier setzen die beschriebenen interventionellen Verfahren an.

In den beiden folgenden Abschnitten wird nun vereinfacht beschrieben, wie verschiedene interventionelle Verfahren das Gehirn beeinflussen und somit versuchen, das Gleichgewicht wiederherzustellen.

Transkranielle Magnetstimulation

Die transkranielle Magnetstimulation macht sich das physikalische Prinzip der elektromagnetischen Induktion zunutze. Eine Magnetspule wird an den Kopf angelegt, und es wird ein kurzes Magnetfeld erzeugt. Dieses führt dazu, dass sich im darunter liegenden Areal des Gehirns das elektrische Feld verändert und Neuronen aktiviert oder gehemmt werden. Somit können bestimmte Gehirnareale gezielt beeinflusst werden. Dieser Prozess wird in der Therapie mehrfach wiederholt, sodass es zu einer längerfristigen Veränderung des Aktivitätsniveaus des Gehirns kommt.

Transkranielle Gleichstromstimulation und tiefe Hirnstimulation

Die transkranielle Gleichstromstimulation und die tiefe Hirnstimulation basieren auf ähnlichen Wirkmechanismen wie die transkranielle Magnetstimulation. Ziel ist es, die elektrische Aktivität eines Gehirnareals zu beeinflussen. Jedoch werden bei diesen Verfahren keine Magnetspulen verwendet. Bei der transkraniellen Gleichstromstimulation werden Elektroden an der Kopfhaut angebracht, und es wird schwacher elektrischer Strom induziert. Der Pluspol führt beim darunter liegenden Areal zu einer Aktivierung, während der Minuspol hemmend wirkt. Bei der Methode der tiefen Hirnstimulation werden durch einen Neurochirurgen feine Elektroden in das Gehirn minimal-invasiv implantiert. Dies ermöglicht die Behandlung von Arealen tief im Gehirn. Anwendungsgebiete in der Psychiatrie sind Erkrankungen, die auf keine andere Therapie angesprochen haben. Dabei kann es sich beispielsweise um depressive Störungen, Zwangserkrankungen oder Tic-Störungen handeln. Die Clienia Schlössli AG bietet für solche Fälle in Zusammenarbeit mit den Kliniken für Neurologie und Neurochirurgie des Universitätsspitals Zürich (USZ) Behandlungen mit tiefer Hirnstimulation an.

Im dritten Teil unseres Blogs werden nächsten Dienstag psychische Störungen beschrieben, bei welchen interventionelle Verfahren als Behandlungsmethode angewandt werden können.

Teil 3: Behandlung mit interventionellen Verfahren