Job Coaching: Geschichte einer Patientin

In der Clienia Schlössli bieten wir ein klinikinternes Job Coaching an. Es ermöglicht die Begleitung von Patientinnen und Patienten beim Wiedereinstieg in die Arbeitswelt während eines ganzes Jahres. Eine Patientin erzählt.

«Vor fast 20 Jahren, ich war damals in der Lehre, ist in meiner engen Familie ein Todesfall passiert. Mein Bruder ist gestorben. Ich habe das verdrängt und wollte nur um jeden Preis die Lehre abschliessen, was mir auch gelungen ist. Das Verdrängen habe ich mir damit aber quasi antrainiert. Ich habe den Trauerprozess nie in Angriff genommen und diesen Tod nie bewältigt. Ehrlich gesagt habe ich schnell gemerkt, dass ich nicht mehr so belastbar war wie früher und mir schnell alles zuviel wurde, vor allem bei der Arbeit. Ich habe mich aber nicht getraut, professionelle Hilfe zu suchen. Zwischendurch ging es mir ja auch gut, und dann dachte ich natürlich jeweils, ich bräuchte keine Hilfe. Aber vor zwei Jahren wurde mein Zustand richtig schlecht, zumal ich beruflich sehr unter Druck war. Ich habe meine Aufgaben zwar plus minus hingekriegt, aber nichts war gut - die Arbeit eigentlich auch nicht. Im Februar oder März 2022 ging schliesslich gar nichts mehr. Ich musste grundlos weinen, konnte mich zu nichts mehr aufraffen und habe mich endlich überwunden, meine Hausärztin aufzusuchen. Auch danach musste ich noch lange warten, bis ich psychologische Hilfe bekam, denn die Wartelisten sind lang. Zwischenzeitlich habe ich auf eigene Faust eine Therapie gefunden, aber was da besprochen wurde, hat für mich nicht gereicht, und der Draht zwischen uns war nicht gut genug. In dieser Zeit ging es mir plötzlich auch körperlich sehr schlecht, und ich habe erfahren, dass ich MS-Patientin bin. Natürlich hat diese Diagnose die Psyche nochmals zusätzlich belastet. Heute kann ich sagen, dass ich glücklicherweise bis jetzt nur diesen einen Schub hatte und jetzt mit Medikamenten eingestellt bin.

Zum Glück hat sich die Clienia dann im Sommer bei mir gemeldet, und ich konnte eine wöchentliche Therapie in der Praxis in Uster anfangen. Meine Psychologin dort hat mir sofort ein gutes Gefühl vermittelt. Sie hat mir eine stationäre Behandlung empfohlen. So kam ich für fünf Wochen ins «Schlössli» auf die Station A0. Der erste Tag war für mich schwer, aber ich habe mich schnell eingelebt. Ich hatte sehr gute Bezugspersonen, und ich habe auch gemerkt, dass es auf dem A0 viele Menschen gab, die «schlechter zwäg» waren als ich. Das hat mir geholfen, einzuordnen, was mir passiert. Der Austausch mit anderen Betroffenen war sehr wichtig: zu sehen, was sie durchmachen und wie sie sich entwickeln können.

Die Behandlung verlief für mich erfreulich. Gegen Ende des Aufenthalts wurde mir das klinikinterne Job Coaching im Rahmen meiner Nachbehandlung angeboten. Dieses ermöglicht eine Begleitung von bis zu zwölf Monaten für alle Themen rund um die Arbeit. Bei mir ging es um die Rückkehr an meinen Arbeitsplatz. Ich hatte meine Arbeitsstelle behalten können, die Firma hat sehr verständnisvoll reagiert, und ich hatte volle Unterstützung. Die habe ich auch jetzt noch und bin sehr dankbar dafür. Das Job Coaching begann schon während meines Aufenthalts. Zuerst ging es vor allem darum, dass meine Job Coach mich in der Kommunikation mit meiner Arbeitgeberin unterstützte. In einem gemeinsamen Gespräch mit meiner Vorgesetzten und dem HR des Unternehmens wurde eine Wiedereinstiegsplanung besprochen. Meine Coach hat mögliche Stolpersteine mit mir besprochen und mir geholfen, Strategien zu entwickeln, um diese zu bewältigen. Bis heute können wir uns immer noch regelmässig austauschen, und ich kann bei ihr Rat und Hilfe holen, während der Dauer eines ganzen Jahres. Zum Beispiel habe ich ein bisschen Mühe damit, Prioritäten zu setzen, habe oft zuviel angefangen und nichts richtig beendet. Meine Coach hat mir geholfen, einen Kalender zu erstellen, in dem ich mir Zeit für ein Thema reserviere, und es gelingt mir auch, mich wirklich daran zu halten. Das gibt mir eine Struktur. Ein weiterer konkreter Tipp meiner Job Coach: Ich nehme mir nun eine halbe Stunde vor Arbeitsschluss Zeit, die Arbeit abzuschliessen, den Tag revuepassieren zu lassen und den nächsten Tag vorzubereiten. Wenn ich das Büro verlasse, habe ich schon alles notiert und vorbereitet für den nächsten Tag und kann den Arbeitstag abschliessen, anstatt in meiner Freizeit weiter über meinen Job nachzugrübeln. Ich bin zuversichtlich, dass ich meinen Weg weiter gehen kann, und bin bereit, täglich an mir zu arbeiten.»

Teil 1: Einführung

Teil 2: Wirkungsweise

Teil 3: Behandlung