Schizophrenie: Behandlung

Je früher eine Schizophrenie behandelt wird, desto erfolgreicher ist oft die Therapie.

Schizophrenie ist gut behandelbar. Es existieren wirksame Medikamente, zudem können Psychotherapie, Psychoedukation, der Einbezug von Angehörigen sowie das Erkennen von Frühsymptomen helfen, die Erkrankung erfolgreich zu behandeln. Laut aktueller Studienlage korreliert die Dauer der unbehandelten Psychose mit schlechterem Behandlungs-Outcome. Die Bemühungen sind deshalb gross, die Früherkennung der Erkrankung voranzutreiben und Betroffenen möglichst frühzeitig eine geeignete Behandlung zukommen zu lassen.

Setting
Wenn immer möglich, gilt auch in der Behandlung von Schizophrenie der Leitsatz «ambulant vor stationär». Da es sich um eine Erkrankung mit wiederkehrenden Episoden handelt, versucht man häufige Klinikaufenthalte möglichst zu vermeiden. Bei erstmalig auftretenden Psychosen ist ein stationärer Aufenthalt jedoch oftmals unumgänglich. Der stationäre Rahmen kann nötig sein, um die betroffene Person zwecks Diagnosestellung zu beobachten, um antipsychotische Medikamente vorsichtig einzudosieren und gleichzeitig mögliche Nebenwirkungen im Blick zu behalten. Häufig verspüren betroffene Personen starke Angst durch die verzerrte Wahrnehmung der Realität, was zu Eigen- oder Fremdgefährdung führen kann. Um das Umfeld, aber vor allen Dingen auch die betroffene Person zu schützen, kann deshalb ein sicherer stationärer Rahmen nötig sein. 

Beziehung
Aufgrund von Wahnerleben oder Halluzinationen kann eine neue Umgebung bei manchen Betroffenen entlastend wirken, bei anderen Misstrauen und Angst hingegen verstärken. Es gilt deshalb, der betroffenen Person möglichst viel Angst zu nehmen, ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen und Stück für Stück eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Es wird versucht, allfälliges Wahnerleben weder zu korrigieren noch zu verstärken. Da die Betroffenen häufig über wenig Krankheitseinsicht verfügen, ist es zentral, ihnen Sicherheit und Wohlwollen zu vermitteln, damit sich die Person auf eine Behandlung einlassen kann. 

Medikamentöse Therapie
Im Vordergrund steht in den meisten Fällen eine medikamentöse Behandlung. Antipsychotische Medikamente können bereits nach wenigen Tagen erste Wirkung zeigen und Psychosen lindern. Es wird mit einer niedrigen Einstiegsdosis begonnen und dann laufend gesteigert. In der Folge wird je nach Präparat durch eine Blutentnahme ein Medikamentenspiegel bestimmt. So lässt sich feststellen, dass eine wirkungsvolle Dosis erreicht bzw. nicht überschritten wird. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Positivsymptome (wie Wahn oder Halluzinationen) oftmals gut durch antipsychotische Medikamente behandelt werden können, Negativsymptome (wie Beeinträchtigung des Affekts, Antriebs etc.) hingegen verbessern sich durch Antipsychotika meist weniger stark. 

Antipsychotika erster und zweiter Generation
Ziel der Antipsychotika ist eine Blockade von Dopamin im Gehirn. Unterschieden wird bei den Antipsychotika (auch Neuroleptika genannt) zwischen Präparaten der ersten und zweiten Generation. Die älteren Medikamente erster Generation (auch typische Antipsychotika genannt), wie etwa Haloperidol, wirken zwar sehr gut, können jedoch Bewegungsstörungen (EPMS; extrapyramidal-motorische Störungen) auslösen, da sie nicht nur die gewünschten Dopaminrezeptoren, sondern auch unerwünschte Rezeptoren blockieren. Die neueren Medikamente zweiter Generation (atypische Antipsychotika) wie Risperidon, Olanzapin, Aripiprazol, Quetiapin oder Clozapin, blockieren die Rezeptoren spezifischer und führen üblicherweise seltener zu oben genannten Bewegungsstörungen. Stattdessen können eher unerwünschte Wirkungen wie Sedierung oder Gewichtszunahme im Vordergrund stehen. Die einzelnen Präparate haben ähnliche Wirkungen, unterscheiden sich aber in ihrem Nebenwirkungsspektrum. Folglich muss individuell ausprobiert werden, welches Medikament eine zuverlässige Wirkung bei tolerierbaren Nebenwirkungen bietet.

Nebenwirkungen 
Regelmässige Blutentnahmen und EKG-Kontrollen sind hilfreich, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Nebenwirkungen umfassen beispielsweise eine Verlängerung der Herzerregung (QT-Zeit), die im ungünstigsten Fall zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Durch regelmässige EKGs kann eine solche Veränderung der Herzaktivität festgestellt werden, bevor sie unerwünschte Symptome bereitet. Ebenso können Blutkontrollen bei Behandlung mit Clozapin die sehr seltene Verringerung von bestimmten weissen Blutkörperchen (neutrophile Granulozyten) entdecken. Diese sogenannte Agranulozytose führt unentdeckt zu einer starken Einschränkung des Immunsystems und macht es anfällig für Infekte. Mittels Blutentnahme lässt sich auch die Höhe des Hormons Prolaktin bestimmen. Das Hormon ist unter anderem für Milchfluss verantwortlich und kann unter Antipsychotika ansteigen. Auch regelmässige Kontrollen des Gewichts, des Langzeitzuckers HbA1c sowie der Blutfette sind zentral, um einem metabolischen Syndrom vorzubeugen. Treten unter einem Antipsychotikum starke Nebenwirkungen auf, so lohnt es sich, gemeinsam mit dem betreuenden medizinischen Team zu evaluieren, ob ein Wechsel auf ein anderes Medikament sinnvoll sein könnte. Für viele Betroffene ist es herausfordernd, die Medikamente nach Abklingen der Positivsymptome weiterhin regelmässig einzunehmen, da sie keine Beeinträchtigung mehr spüren. Zur Vorbeugung weiterer Episoden und einer zunehmenden Chronifizierung der Erkrankung ist die Einnahme einer Erhaltungsdosis allerdings zentral. 

Psychotherapie, Psychoedukation und supportive Therapien
Für eine erfolgreiche Behandlung ist es wichtig, dass Betroffene zu Expertinnen und Experten für die eigene Erkrankung werden. In einer Psychotherapie kann gelernt werden, die eigenen Frühsymptome zu erkennen. Gemeinsam kann ein Notfallplan ausgearbeitet werden, wie bei ersten Symptomen vorgegangen werden soll, um die Episode möglichst früh abzufangen. Falls zwischen den Episoden Restsymptome bleiben, kann die Psychotherapie helfen, den Umgang damit zu lernen. Insbesondere supportive Therapien wie Musik-, Kunst- oder Bewegungstherapie können hilfreich sein, um in Momenten, in denen ein verbaler Austausch nur eingeschränkt möglich ist, therapeutisch zu arbeiten. Die Prognose der Erkrankung ist oftmals besser als angenommen und verbessert sich mit einem frühen Beginn einer interdisziplinären Behandlung.

Teil 1: Symptome und Diagnose
Teil 2: Ursache