Sport und psychische Gesundheit: Die physiologische Wirkung

Die psychische Gesundheit ist in der gesellschaftlichen Wahrnehmung seit einigen Jahrzehnten vermehrt in den Vordergrund gerückt. Es hat sich gezeigt, dass Ereignisse wie beispielsweise die Corona-Pandemie mit einer Belastung der psychischen Gesundheit in Verbindung gebracht werden können. Parallel werden Faktoren identifiziert, welche die psychische Gesundheit positiv beeinflussen können. Dazu gehört unter anderem das Ausmass der körperlichen Aktivität. Doch wie bewirkt Sport diese positiven Effekte?

Physiologische Ursachen
Körperliche Aktivität kann der Entstehung psychischer Erkrankungen vorbeugen, sowie die Symptome bestehender psychischer Erkrankungen mindern. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass körperliche Aktivität eine Reihe von physiologischen Prozessen nach sich zieht. Dazu gehören zum Beispiel neurophysiologische Veränderungen. Bei körperlicher Bewegung schüttet das Gehirn vermehrt Neurotransmitter aus, die mit psychischer Gesundheit in Verbindung gebracht werden. Zu diesen Neurotransmittern gehören Serotonin, Dopamin und Noradrenalin. Neurotransmitter regulieren die Kommunikation zwischen den Nervenzellen. 

Die Ausschüttung von Serotonin hat einen Einfluss auf unser Gemüt. Es wirkt nicht als klassischer Stimmungsmacher, der euphorische Wirkungen entfaltet. Vielmehr ist es an der Erzeugung von Gefühlen wie Ausgeglichenheit, Wohlbefinden und Zufriedenheit beteiligt. Dem Serotonin wird eine beruhigende Wirkung, Stimulation von Gedächtnisleistung sowie ein ausgeglichener Schlaf zugeschrieben. Zudem ist Serotonin an der Peristaltik, der Darmbewegung, beteiligt. Serotonin hat vielseitige Auswirkungen auf unseren Körper. Dazu gehören der Appetit, Sexualtrieb, Antrieb, die Körpertemperatur, die Schmerzbewertung sowie der Schlaf-Wach-Rhythmus. Entsprechend hat ein Mangel vielseitige psychische wie auch körperliche Konsequenzen. Zu den psychischen Symptomen eines Serotoninmangels gehören beispielsweise Depressivität,  Ängste, eine erhöhte Aggressivität, grundlose Stimmungsschwankungen, Panikattacken, Essstörungen, Nervosität, Erschöpfung und Zwänge. Zu den körperlichen Symptomen eines Serotoninmangels gehören Kopf- und Muskelschmerzen, ein vermindertes Sättigungsgefühl, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen, das Reizdarmsyndrom, Bluthochdruck sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die Wirkung des Neurotransmitters Dopamin entfaltet sich in ähnlichen Bereichen wie Serotonin. Es hat einen Einfluss auf unser Wohlbefinden und wird mit Vorfreude, Motivation und Tatkraft in Verbindung gebracht. Dopamin ist Teil unseres inneren Belohnungssystems. Es wird ausgeschüttet, wenn wir Dinge tun, die uns glücklich machen. Dies motiviert uns, diese Dinge zu wiederholen und reguliert so unsere Aufmerksamkeitssteuerung und Zielsetzung. Im Gegensatz zu Serotonin bewirkt Dopamin eher eine langfristige Motivationssteigerung und Antriebsförderung. Ein Mangel an Dopamin kann zu Schlafproblemen, Freudlosigkeit, Motivationsmangel, Interessenmangel, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsproblemen, Gewichtszunahme sowie andauernden Müdigkeitserscheinungen führen.

Der Botenstoff Noradrenalin wirkt insbesondere auf das Herz und die Gefässe. Es ist an der Steigerung des Blutdrucks und der Herzfrequenz beteiligt. Psychisch bewirkt Noradrenalin eine erhöhte Aufmerksamkeit, Wachheit, Konzentrationsfähigkeit sowie Handlungsbereitschaft. Ein Mangel an Noradrenalin kann zu Konzentrationsschwierigkeiten und Antriebslosigkeit führen. 

Die körperliche Betätigung führt zudem zu einer Erhöhung des brain-derived neurotrophic factor (BDNF), der bei depressiven Menschen verringert ist. Der BDNF ist ein Protein, das im peripheren und zentralen Nervensystem wirkt. Es schützt bestehende Neuronen und Synapsen. Des Weiteren stimuliert BDNF das Wachstum und die Weiterentwicklung neuer Nervenzellen, neuronaler Bahnen und Zellverbindungen. Der BDNF lässt sich vor allem im Vorderhirn, Hippocampus und der Grosshirnrinde finden. Diese Gehirnareale stehen in Verbindung mit abstraktem Denken, logischen Gedankengängen, organisatorischem Denken und der Gedächtnisleistung. Der BDNF hat einen signifikanten Einfluss auf die Funktion des Langzeitgedächnisses. Die Wirkung des BDNFs fördert neuronale Plastizität, das heisst, die Fähigkeit des Gehirns, sich neu zu organisieren und neue Verbindungen einzugehen. 

Zuletzt lässt sich feststellen, dass körperliche Aktivität den Stoffwechsel anregt, was zu einem vermehrten Abbau von Stresshormonen und somit einer Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens führt.

Teil 2: Wechselwirkung bei Erwachsenen

Teil 3: Wechselwirkung bei Kindern und Jugendlichen