Tiergestützte Therapien: Ethik und Erfolgsaussichten

Teil 1: Indikation

Teil 2: Behandlungsablauf

Die tiergestützte Therapie ist eine alternative Behandlungsmethode, bei der Therapietiere einbezogen werden, um bestimmte Interventionen zur Erreichung definierter Ziele durchzuführen. Dabei ist eine Abgrenzung zur Animal-Assisted-Activity notwendig, bei der lediglich eine Interaktion zwischen Mensch und Tier ohne therapeutischen Fokus stattfindet. Bisher wurden die Indikation einer tiergestützten Therapie, der Behandlungsablauf sowie die Förderungsmöglichkeiten aufgezeigt. Bei der Arbeit mit Tieren gibt es jedoch einige Risiken wie auch ethische Fragen, die berücksichtigt werden müssen. Zuletzt stellt sich die Frage, wie wirksam und wissenschaftlich erforscht eine tiergestützte Therapie ist. Der heutige Beitrag wendet sich diesen Themen zu.

Risiken einer tiergestützten Therapie
Bei der Interaktion mit Tieren besteht immer ein gewisses Risiko. Auch gut erzogene Tiere können bei Überforderung oder bedrohlichen Situationen basierend auf ihren Instinkten reagieren. Dies kann zu unvorhergesehenen Reaktionen des Tieres führen, die schlimmstenfalls eine Verletzung des Patienten oder der Patientin nach sich ziehen. Beispielsweise kann es mit Hunden zu einem Knurren oder gar einem Biss kommen, und ein Pferd kann beissen oder treten. Je nach Störungsbild des Patienten kann ein solcher Vorfall neue Ängste oder vermehrtes Misstrauen wecken. Der anwesende Therapeut oder die Therapeutin ist jedoch im Umgang mit seinem Therapietier geschult und kann solche Vorfälle in den meisten Fällen vorgängig abwenden. Des Weiteren handelt es sich bei den Tieren um geschulte und zertifizierte Therapietiere. Negative Vorkommnisse sind dadurch weniger wahrscheinlich. Die beschriebenen Risiken verdeutlichen, wie wichtig das Bewusstsein ist, dass ein Tier seine eigenen Bedürfnisse und Anforderungen hat, die berücksichtigt werden müssen. Daher sind ethische Überlegungen bezüglich der Einsatzhäufigkeit, Tierhaltung und des Ablaufs einer tiergestützten Therapie von grosser Bedeutung.

Ethik 
Zu den ethischen Aspekten, die berücksichtigt werden müssen, gehören die Dauer und Häufigkeit des Einsatzes, die Bedürfnisse des Tieres, eine angemessene Ausbildung und Zertifizierung, genügend Ruhezeit, die individuelle Eignung des Tieres sowie dessen Gesundheit. Als Grundlage dient das Tierschutzgesetz. Gemäss diesem dürfen Tieren ohne nachvollziehbaren Grund keine Schmerzen, Leid oder Schaden zugefügt werden. Die Tiere müssen entsprechend ihrer Art, ihrem Verhalten und ihren Bedürfnissen ernährt, gepflegt und untergebracht werden. Je nach Tierart gelten weitere Vorschriften in den Bereichen Transport, Gefahrenabwehr, Tierseuchen, Kennzeichnung, Dokumentation, Meldepflicht und Natur- sowie Artenschutz. Nicht alle Tierarten sind gleichermassen dafür geeignet, als Therapietier eingesetzt zu werden. Für einige Tiere ist die Nähe zum Menschen ein Stressfaktor. Besonders ungeeignet sind Wildtiere, da sie nicht an den Umgang mit Menschen gewöhnt sind. Daher kommen nur ausgewählte Haustierarten zum Einsatz. Zur individuellen Eignung gehören Überlegungen zur Rasse, wobei gewisse Rassen aufgrund von Charaktereigenschaften besser geeignet sind als andere. Weiter ist die frühe Sozialisation des Tieres eine wichtige Voraussetzung. Zudem dürfen nur gesunde und entsprechend ausgebildete Tiere eingesetzt werden. Auch wenn ein Tier alle Kriterien erfüllt, sollte jederzeit eine Möglichkeit zum Rückzug gewährleistet werden, wenn sich abzeichnet, dass sich das Tier unwohl fühlt. Nach einem Einsatz sollte eine Ruhezeit und Entspannung eingeplant werden. Die Häufigkeit und Dauer des Einsatzes werden je nach Tierart vorgegeben. Dazu gibt es klare Vorschriften. Besonders wichtig ist, dass die natürlichen Lebensgewohnheiten nicht durch den Einsatz als Therapietier beeinträchtigt werden.

Erfolgsaussichten der tiergestützten Therapie
Zahlreiche Fallbeispiele und Publikationen zeigen, dass tiergestützte Therapie in ganz unterschiedlichen Settings möglich ist und erfolgreich sein kann. Eine wachsende Zahl an Studien weist darauf hin, dass durch tiergestützte Therapie Konzentration, Motivation, Selbstwirksamkeit und Sozialverhalten verbessert werden können und dass Symptome reduziert werden können. Bisherige Studien weisen jedoch häufig nur geringe Fallzahlen auf und sind aufgrund des Einsatzes unterschiedlicher Tierarten nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. Dennoch gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass tiergestützte Therapien eine sinnvolle Ergänzung im therapeutischen Setting darstellen.

Clienia Littenheid AG bietet auf einer Psychotherapiestation für Jugendliche pferdegestützte Therapie an. Im Kinder- und Jugendbereich wird zusätzlich eine tiergestützte Aktivität (sogenannte Animal-Assisted-Activity) in Form von Hundespaziergängen mit Therapiehunden angeboten.

Teil 4: Geschichte einer jugendlichen Patientin